Der deutsche Einzelhandel wurde in den letzten Jahren durch ein überproportionales Wachstum des Online-Handles geprägt. In der letzten Dekade hat sich der Onlineanteil des Umsatzvolumens im gesamt-deutschen Einzelhandel mehr als vervierfacht (von 2,4 Mrd. Euro auf 9,9 Mrd. Euro). Durch die steigenden Online-Umsätze gerät der stationäre Einzelhandel in den Innenstädten zunehmend unter Druck. Im Rahmen der Ausschreibung „Digitalen und stationären Einzelhandel zusammendenken. Handel durch Digitalisierung stärken!“ der Landesregierung NRW werden jetzt zum zweiten Mal innovative Konzepte gesucht, die Ansatzpunkte zum Umgang mit den veränderten Bedingungen aufzeigen. Die entwickelten Maßnahmen sollen die Zukunftsfähigkeit des stationären Einzelhandels stärken. Durch die Belebung des Einzelhandels soll zudem die Attraktivität und Funktionalität der Innenstädte gesteigert werden. Dies ist gerade für die Mittelzentren der ländlichen Regionen eine zentrale Herausforderung.
Die steigenden Online-Umsätze führen gerade in Mittelzentren unserer ländlichen Regionen zu sichtbaren Problemen für den lokalen, zumeist inhabergeführten Einzelhandel und einer eingeschränkten Konkurrenzfähigkeit gegenüber Amazon & Co. Derzeit gelingt es nicht, adäquate Antworten auf diese Entwicklung zu finden. Die strukturellen Veränderungen führen zu einer Vielzahl von negativen Folgeerscheinungen, die die Attraktivität der Innenstädte verringert. Durch die Schließung innerstädtischer Einzelhandelsstandorte kann die Versorgungsfunktion und Durchmischung unserer Zentren auf Dauer nicht mehr gewährleistet werden. Am Ende dieser Entwicklung kann der Bevölkerungsrückgang und die Abwanderung in attraktivere Gebiete stehen. Diese strukturellen Probleme gilt es, durch Stärkung und Digitalisierung des Einzelhandels zu lösen. Die Herausforderung ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und kann nur mit partnerschaftlichen Kooperationen von Kommunen, Einzelhandel und Wissenschaft gelingen.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für Amazon & Co sind Daten. Dies sind z.B. Daten über das eigene Kaufverhalten, das Kaufverhalten anderer Menschen, den Warenkorb, Umweltdatenbanken und viele mehr. Durch die Verknüpfung der Daten gelingt es Amazon & Co, einen Wettbewerbsvorteil für sich zu schaffen. So können u.a. individualisierte Produktvorschläge (Cross-Selling) gemacht oder Personal optimal geplant werden. Ein funktionierender stationärer Einzelhandel muss in genau diesem Punkt – Daten – besser werden, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Bessere Daten für bessere Maßnahmen erreicht man lokal jedoch nicht durch einen einzelnen Akteur (z.B. Kassendaten eines einzelnen Unternehmens), sondern durch die Nutzung eines (datenschutzrechtlich gangbaren) gemeinsamen Daten-Pools (Open Urban Data). Dieser Daten-Pool könnte bestehen aus Frequenzdaten, Daten von ÖPNV-Anbietern, Sensordaten aus dem öffentlichen Raum, der Kombination „entschärfter“ Kassendaten mehrerer Unternehmen oder aus öffentlich verfügbaren Daten (Wetter, Event-Datenbank etc.). Unsere Projektidee setzt genau hier an, um den stationären Einzelhandel in der Hansestadt Attendorn zu stärken: Frequenzdaten (z.B. Metadaten aus City-WLAN-Verbindungen) sollen mit Kassendaten von ortsansässigen Unternehmern kombiniert werden, um Marketing-, Platzierungs- oder Personaleinsatzplanungen zu optimieren.
Ziel des Verbundprojektes ist es, konzeptionell Anwendungsbeispiele für eine gemeinsame Daten-Plattform (Open Urban Data) zu identifizieren. Hierfür sollen die Chancen und Potenziale von zur Verfügung stehenden lokalen Daten untersucht werden, um die Konkurrenzfähigkeit des stationären Einzelhandels zu verbessern. Die Attraktivität der Stadt- und Ortszentren in unserer ländlichen Region soll somit nachhaltig gesichert werden. Die Herausforderung ist eine gemeinschaftliche Aufgabe und kann nur mit partnerschaftlichen Kooperationen von Kommunen, Einzelhandel und Wissenschaft gelingen. Darüber hinaus legt das Verbundprojekt die ersten Bausteine für die Entwicklung einer „Smart City“.